Der körperliche Übergriff

Sonntagsbraten. Pikant. Herzhaft.

Stell dir vor, du bist bei einer Gemeinderatssitzung und trägst zu einem Tagesordnungspunkt deine Kritikpunkte vor. Es geht um das Auswahlverfahren für den neuen Amtsleiter. Du fragst den Bürgermeister, wie viele Amtsleiter sich denn insgesamt beworben haben, und erhältst die Antwort, ja einige. Du schätzt, dass es vielleicht vier waren und bittest darum, dir zu widersprechen, falls es nicht so gewesen sein sollte. Du schätzt weiter – ebenfalls vom Bürgermeister unwidersprochen – dass einer davon wohl ein Jurist war – eine absolute Wunschsituation für eine Gemeinde. Und du hältst fest, dass man aber nicht alle diese vier Amtsleiter, sondern nur einen davon zu einem persönlichen Bewerbungsgespräch eingeladen hat. Die anderen hat man vorher aussortiert. Du führst weiter an, dass anstatt eines externen Experten zukünftige Mitarbeiter des neuen Amtsleiters bei diesem Bewerbungsgespräch Fragen an ihren zukünftigen Chef stellen mussten. Weiters kritisierst du, dass es keinen vorbereiteten Gesprächsleitfaden gab, anhand dem strukturierte Fragen gestellt wurden, die es einem erleichtern, die Kandidaten besser zu vergleichen.

Dann wurde es zu einem „schwarzen Tag“ in der Geschichte des Gemeinderats in Vorchdorf. Nicht nur, dass es nicht der Gemeindeordnung entspricht, dass eine Sitzung noch während ein Redner am Rednerpult steht unterbrochen wird, sondern auch wurde über diese Unterbrechung nicht abgestimmt.

Aber Schwamm drüber. Das eigentlich skandalöse passiert während der Unterbrechung. Nicht nur dass sich eine Mehrzahl der Mitglieder einer Fraktion quasi auf dich stürzen und du dich doch einigermaßen bedrängt fühlst, wenn dir Personen auf einige Zentimeter nahe kommen und vor deinem Gesicht mit ihren Händen herumgestikulierten. Da packt dich auch noch einer der Mandatare ziemlich fest am Arm. Jedenfalls ist es kein „beruhigendes die Hand auf die Schulter legen“ sondern ein festes Zupacken am Oberarm. Du beschwerst dich auch umgehend, dass das nicht in Ordnung ist, wenn dich jemand so fest am Arm packt.

Du empfindest deine körperliche Integrität verletzt, es wurden hier ganz klar persönliche Grenzen verletzt. Du denkst dir, jeder Mensch hat das Recht, körperlich unversehrt zu bleiben, und ein solches Verhalten empfindest du als unangemessen oder sogar als Übergriff. 

Das Festhalten oder Zupacken könnte sogar als Nötigung gewertet werden, wenn es darauf abzielte, dein Handeln einzuschränken oder es zu beeinflussen. Die Nähe der gestikulierenden Personen und das Bedrängen könnten ebenfalls als Versuch gewertet werden, zusätzlich Druck auf dich auszuüben.

Und die Intention der Aktion wird dir klar, als einer der dich bedrängenden Mandatare zu deinem herbeigeeilten Fraktionskollegen sagt, du musst deinem Kollegen zu Hilfe kommen, sonst bricht er noch zusammen.

Wenn eine politische Kontroverse in einem körperlichen Übergriff mündet, sprechen wir von einer Eskalation, die weder in einem demokratischen Gremium noch sonst wo etwas verloren hat. Es zeigt, wie weit der politische Diskurs gerade von Respekt und Sachlichkeit entfernt ist. Jedenfalls ist das ganz und gar nicht TippTopp.

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